Zitadelle - Fort Winiary (polygonale Befestigungsanlagen)

Architektonisch gesehen war es ein Innovationswerk. Zum ersten Mal wurde hier das neue Befestigungssystem angewendet, das später als neupreußische Befestigung genannt wurde.

Der erste Schritt zur Umsetzung dieser Pläne war die Verlegung der auf dem die Stadt überragenden Winiarskie-Hügel liegenden Dörfer Winiary und Bonin, d.h. von dem Ort, wo die Errichtung der künftigen Zitadelle geplant war (Fort Winiary). Die Bauarbeiten wurden am 23. Juni 1828 aufgenommen. An diesem Tage wurde die Aushebung der geplanten Gräben angefangen. Die Arbeit ging zwar langsam voran, doch mit der preußischen Regelmäßigkeit. Das Material lieferten den Baumeistern die Ziegeleien u.a. aus Wilda, Rataje, Przepadek, Radojewo, Promnice und Żabikowo. All die fertigen Objekte wurden sofort mit Waffen und Besatzung versehen. Schon am 1. Oktober 1834 zählte der preußische König Friedrich Wilhelm III Poznań zu den abwehrfertigen Festungen der zweiten Klasse. Im Dezember 1834 wurde das ganze Rediteobjekt, das d.h. das Kernwerk des Forts nach dem Projekt von Major Johann Leopold Ludwig von Brese (1787-1878) in Betrieb genommen. In groben Umrissen wurde das Bild der Festungsanlage um 1842 gestaltet, aber die entgültige Silhouette der Festung wurde noch in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, unter anderen mit den Händen der Kriegsgefangenen, geformt. Sie wurde dann zum wichtigsten Element des die Stadt (die heutige Innenstadt) umgebenden, inneren, polygonalen Befestigungsringes.

1839 hat der König Friedrich Wilhelm III seine Zustimmung zum Aufbau von Befestigungen der Stadtteile am linken Ufer erteilt. Sie bestanden aus 6 Boll- und 2 Festungswerken, die mit den Grundbefestigungen verbunden waren. Der Bau wurde um 1860 beendet.

Die in Übereinstimmung mit den Annahmen des neupreußischen Systems errichtete Zitadelle nahm die Fläche von etwa 100 ha ein. Die äußeren Festungsanlagen mit den Wassergräben wurden vieleckförmig gebaut. Das Kernwerk bildete eine dreistöckige, unterkellerte Kaserne, die im hinteren Teil zwei Beobachtungstürme mit Artillerieterrassen hatte. Zum Kernwerk führten Brücken: die Hauptbrücke, die Brücke für Artillerie und die Brücke für Infanterie. Vom Süden wurde das Rediteobjekt mit Schleusen gesichert: die Kleine Schleuse auf Wierzbak und die Große Schleuse - auf der Warthe. Sie konnten Wasser stauen und so überflutete Flächen im Vorfeld der Festung bilden. An den beiden Schleusen wurden Forts gebaut: Adalbert Fort (Fort Hake) - an der Kleinen Schleuse und Brückenkopf Fort (Fort Roon) - an der Großen Schleuse. Die ganze Festung wurde mit dem Hauptwall umgeben, der nördlich mit drei Bastionen und vier vorgeschobenen Ravelins befestigt wurde. Südlich wurde die Kaserne mit Feuer von vier selbständigen Redouten abgeschirmt. Die Gesamtlänge der äußeren Verteidigungslinie betrug etwa 3 km. Die Zitadelle war mit einem trockenen Graben, der 6 - 32m breit und etwa 7m tief war, umgeben. All die errichteten Festungswerke hatten Ziegelsteinmauern mit einer Dicke von 1,3 - 1,8m. Um den ganzen Festungskomplex führte der sogenannte versteckte Weg am Kampfabhang. In ihrer Geschichte erfüllte die Festung verschiedene Funktionen. Hier wurden polnische Verschwörer nach den Aufständen 1846, 1848 und 1863 (u.a. L. Mierosławski, Wł. Niegolewski, W. Stefański), sowie die Kriegsgefangenen nach den von Preußen gewonnenen Kriegen mit Dänemark (1864), Österreich (1866) und Frankreich (1870-71) gefangengehalten. Der schnelle Fortschritt der Kriegstechnik in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hat die Bedeutung der Zitadelle abgeschwächt.


Die Folge dieser Veränderungen war die Errichtung in den Jahren 1876--90 am Stadtrand eines neuen, äußeren Fortrings, der die Rolle der alten Festungsanlagen übernahm.

1902 hat der Kaiser Wilhelm II den Abbau von den Stadtbefestigungen am linken Ufer mit Ausnahme der Zitadelle bewilligt. Seine Entscheidung resultierte aus der niedrigen militärischen Nützlichkeit solcher Festigungsanlagen und aus dem Vorhaben, Posen in eine Residenzstadt zu verwandeln.

Während des 1. Weltkrieges befand sich die Festung Winiary außerhalb der Kriegshandlungen. Ohne Kampf von den großpolnischen Aufständischen beherrscht, (29 XII 1918), wurde sie das Gründungszentrum des 1. Großpolnischen Schützenregiments, des 1. und des 2. Telegraphenbataillons. Eine besondere Bedeutung hatte die Übernahme von den Deutschen der Festungs-Funkstation, die den Aufständischen direkten Kontakt zu Warschau und anderen europäischen Hauptstädten ermöglichte. In der Zwischenkriegszeit waren in der Zitadelle immer noch die Polnische Militäreinheiten stationiert, u.a. das 7. Telegraphenbataillon, das 7. Sanitätsbataillon, das 12. Eisenbahnbataillon, das 7. Verwaltungsbataillon, die 7. Trainschwadron und das 3. Eisenbahnregiment. Dank den Soldaten des letzterwähnten Truppenteils wurde am 21. Juli 1923 eine Schmalspurbahnlinie in Betrieb genommen, die 17,4 km lang war und de Zitadelle mit dem Übungslager in Biedrusko verband. In der Festung arbeitete auch das Funkgerät des lokalen Polnischen Rundfunks (seit 1934) und die 4. Peil- und Abhörstation, die der 11. Generalstababteilung des Polnischen Militärs unterstand und die Funk-Militärspionage in Richtung Deutschland führte.

Nach der Besetzung der Stadt Poznań durch die Wehrmacht (am 10. September 1939) wurden in der Festung Kriegsgefangene gefangengehalten - zuerst polnische u.a. Brigadegeneral Roman Abraham), später britische und sowjetische und im südwestlichen Teil des Wassergrabens wurde ein Versuchsschießplatz der Zweigniederlassung der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken AG (H. Cegielski) organisiert. Die militärische Bedeutung der Zitadelle nahm um die Wende 1944/45 unerwartet zu. Sie wurde zum zentralen Verteidigungspunkt der mehrere zehntausend zählenden deutschen Mannschaft der Festung Posen. Erobert am 23. Februar 1945 nach einem fünf Tage dauernden Sturmangriff, verschlang sie das Leben von einigen Hundert Soldaten und Offizieren der Roten Armee und den von Russen rekrutierten Einwohnern von Poznań (sog. Cytadelowcy). Das war die erste und - wie es sich herausstellte - zugleich die letzte Kriegsepisode in der Geschichte der Festung. Während der Kämpfe wurde nur die Kaserneredite teilweise zerstört und die anderen Festungswerke blieben fast unversehrt.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges beschlossen die Stadtbehörden die Festung abzutragen. Die Abtragung wurde in den Jahren 1950-58 realisiert. Die Ziegelsteine wurden für den Bau der Wohnsiedlungen in Poznań (u.a. in Dębiec und an der Chociszewskiego Straße) und in Warschau genutzt. Im Jahre 1962 begann der Prozess der Umwandlung der Zitadelle in das Denkmal der Polnisch-Sowjetischen Freundschaft und Waffenbruderschaft (der heutige Name: Park Cytadela). Im Jahre 1962 wurden die erhaltengebliebenen Überreste der Festungsarchitektur in das Staatliche Denkmalregister eingetragen. Heute ist die Zitadelle vor allem die attraktiv gelegene "grüne Lunge" der Stadt mit einem Komplex von Militärfriedhöfen, Denkmälern, Skulpturen (u. a."die Unerkannten" von Magdalena Abakanowicz), der Glocke des Friedens und der Freundschaft zwischen Völkern und zwei Museen (Waffenmuseum und Museum der Armee "Poznań"), die sich in den teilweise restaurierten Festungsgebäuden befinden.

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