Schwarzer Donnerstag - Verlauf des Ereignisse

28. Juni, Donnerstag

6.00: Die Belegschaft der Abteilung W-3 der Stalin-Werke (ZISPO - ehemalige Hipolit-Cegielski-Werke Poznań) nimmt die Arbeit nicht auf und versammelt sich in einer der Hallen. Belegschaften aus anderen Abteilungen schließen sich dem Protest an.

6.35: Die ZISPO-Arbeiter gehen aus dem Betrieb und marschieren ul. Dzierżyńskiego (heute ul. 28 Czerwca 1956r. / 28. Juni 1956 - Strasse) zum Stadtzentrum. Dem Marsch schließen sich die Arbeiter aus anderen Betrieben an.

9.00-11.00: Auf dem Schlossplatz, umgeben durch Gebäude der Stadt- und Parteibehörden und der Volksmilizkommandantur, versammeln sich etwa 100 Tsd. Menschen. Eine Delegation der Demonstrantenvertreter begibt sich zu Gesprächen mit der Stadtverwaltung. Die Delegaten verlangen die Ankunft des Ministerpräsidenten und des I. ZK-Sekretärs der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR). Eine Demonstrantengruppe dringt in das Schloss, den Sitz der Stadtverwaltung hinein. Nach den Gesprächen mit der Stadtverwaltung geht die Delegation in das Gebäude der Wojewodschaftsverwaltung der kommunistischen Partei.

Gegen 10.00: Eine Demonstrantengruppe kommt in das Gebäude des Wojewodschaftskomitees der kommunistischen Partei hinein und reißt die roten Fahnen herunter. Eine andere Gruppe drängt in das Gebäude der Milizkommandantur hinein und überredet die Milizionäre, sich der Kundgebung anzuschließen. In der Menge verbreitet sich das Gerücht, dass die Arbeiterdelegation festgenommen wurde. Die Demonstranten beschließen, die Delegaten zu befreien. Demonstrantengruppen gehen auf das Gefängnis in ul. Młyńska und auf das Gebäude der Staatssicherheit in ul. Kochanowskiego zu. Auf dem Weg zum Gebäude der Sicherheitsbehörde werfen die Demonstranten die Geräte, die zur Übertönung der westlichen Funksender dienen, vom Dach der Sozialversicherungsanstalt in ul. Dąbrowskiego herunter.

Gegen 10.15: Die Demonstranten versammeln sich in ul. Kochanowskiego und in ul. Młyńska.

Gegen 10.50: Die Demonstranten kommen auf Leitern über die Mauer, öffnen von innen das Gefängnistor und befreien die Gefangenen.


Gegen 11.00: Aus den Fenstern der Sicherheitsbehörde fallen Schüsse, die ersten Verwundeten werden in das Pawlow-Krankenhaus und in das Raszeja-Krankenhaus abtransportiert.

11.00-14.00: In ul. Młyńska stürmen die Demonstranten in das Kreisgericht und in die Staatsanwaltschaft hinein, werfen die Akten auf die Strasse hinaus und setzen sie in Brand.
Gegen 11.00: Der Kommandant der Offizierschule der Mechanisierten und Panzertruppen schickt die Soldaten, 16 Panzerkampfwagen, 2 Schützenpanzerwagen und 30 Wagen zum Schutz gewählter Objekte. Ein Teil davon wird durch die Demonstranten beherrscht und die Bemannung entwaffnet. Der Kampfalarm für das ganze 2. Panzerkorps, das auf dem Truppenübungsplatz in Biedrusko bei Posen stationierte. In der Nähe von ul. Kochanowskiego wird der Schusswechsel um das belagerte Gebäude der Staatssicherheit immer stärker. Das Gebäude wird von über 20 Stellen beschossen.

Gegen 11.30: Der Waffenlager im Gefängnisgebäude wird aufgebrochen.

14.00-18.00: Gegen 14.00 Uhr landet am Flughafen Ławica das Flugzeug mit dem stellvertretenden Nationalsicherheitsminister Gen. Stanisław Popławski, der die Leitung der Stadtpazifikation übernimmt. Nach 16.00 Uhr schreiten die Einheiten des 2. Panzerkorps in die Stadt ein. In dieser Zeit nehmen die Demonstrantengruppen Waffe aus einigen Einrichtungen weg. Die Demonstranten entwaffnen die Volksmilizstellen in den Stadtvierteln Junikowo und Wilda, und in den Ortschaften Swarzędz und Puszczykowo bei Posen.
Bis 18.00 Uhr schreiten die Truppen der 19. Panzerdivision des 2. Panzerkorps in Posen ein.

18.00-21.00: Die Demonstranten erobern Waffen im Gefangenenlager in Mrowino, im Militärstudium der Technischen Universität Posen und auf dem Milizrevier in Mosina. Abends kommt es während der Entwaffnungsprobe des Volksmilizreviers in Czempiń zur Schießerei.
In Posen dauern die Kämpfe mit Sicherheitskräften, vor allem in der Nähe des Staatssicherheitsgebäudes. Gegen 20.00 Uhr marschieren die Truppen der 10. Panzerdivision in die Stadt ein. Um 21.00 Uhr wird in Posen Polizeistunde eingeführt, die bis 4.00 morgens des darauffolgenden Tages dauert.


21.00-4.00: Nachtkämpfe und Schusswechsel in einigen Stadtteilen, vor allem in der Nähe von ul. Kochanowskiego und am Schloss. Beginn intensiver Festnahmen. Die Verhafteten werden zum sog. Filtrationspunkt am Flughafen Ławica gebracht, wo sie brutal verhört werden. Bis zum 8. August werden nach Angaben der Sicherheitsbehörde 746 Personen verhaftet. Die Verhafteten werden oft gedemütigt, geschlagen, misshandelt und gefoltert. Gegen 22.00 Uhr marschieren die Einheiten der 4. Infanteriedivision des 2. Armeekorps in die Stadt ein.


29. Juni, Freitag
Um 4.00-5.00 Uhr schreiten die Truppen der 5. Infanteriedivision des 2. Armeekorps in Posen ein. Die Einheiten der 4. Infanteriedivision werden an ZISPO-Werken, in die Umgebung der Posener Internationalen Messe und in ul. Dąbrowskiego und in ul. Polna gebracht. Die anderen Truppen beschützen die wichtigsten Punkte der Stadt, patrouillieren die Strassen und räumen die Feuerstellen. Die meisten Betriebe in Posen nehmen die Arbeit nicht auf. Nachmittags versuchen mehrere Tausend Demonstranten zum Gebäude der Staatssicherheit zu gelangen. Die Demonstranten treten in Ansicht der Panzerwagen weg. Um 19.30 Uhr hält der Ministerpräsident Józef Cyrankiewicz in der Posener Rundfunkstation seine berühmte Radioansprache, in der er verkündet, "jede gegen die Volksherrschaft erhobene Hand abzuhauen".


30. Juni, Samstag
Streiks in einigen Betrieben. Einzelne Schussschalle in verschiedenen Stadtvierteln. Offizielle Trauerfeier in der Zitadelle unter Beteiligung des Ministerpräsidenten Cyrankiewicz. Truppenabzug aus Posen beginnt.


27. September
Beginn sog."Posener Prozesse": "Prozess der Drei" und "Prozess der Neun" vor dem Wojewodschaftsgericht in Posen. Das Urteil im "Prozess der Drei" wurde am 8. Oktober gefällt. Es wurde auf 4 und 4,5 Jahre Freiheitsentzug erkannt. Das Urteil im "Prozess der Neun" wurde am 12. Oktober 1956 gefällt. 7 Angeklagte wurden für 2 bis 6 Jahre Freiheitsentzug verurteilt und 2 wurden freigesprochen.


5. Oktober
Beginn sog."Prozesse der Zehn". Es wurde kein Urteil gefällt. Das Wojewodschaftsgericht in Posen hat die Akten an die Staatsanwaltschaft zwecks Untersuchungsergänzung zurückgeschickt.